
Spenderkinder finden sich in verschiedenen Familienkonstellationen. Einerseits gibt es solche Kinder, die mit einer biologischen Mutter und einem sozialen und rechtlichen Vater ins Leben starten. Andererseits finden sich einige Spenderkinder mit einer biologischen Mutter und einer sozialen und/oder rechtlichen Mutter in einer Regenbogenfamilie wieder. Aber auch Kinder von biologischen Müttern, die sich bewusst für eine Einzelelternfamilie entschieden haben, sind möglich.
Durch Leihmutterschaft (und Eizellenspende) gibt es auch Spenderkinder in den vorherigen Konstellationen mit einem biologischen Vater. In seltenen Fällen wird das Spenderkind in eine mit ihm genetisch nicht verwandten Familie hineingeboren (IVF-Adoption).
Aufgrund von sozialen Stigmata aber auch aus Schamgefühlen heraus erfahren viele Spenderkinder gar nicht oder erst sehr spät von ihrer speziellen Empfängnis. Sobald sie um ihre Entstehung wissen, zeigen sie häufig ebenfalls wie Adoptierte, geraubte oder Kuckuckskinder ein starkes Bedürfnis, all ihre biologischen Elternteile kennen zu wollen. Die seelische Unruhe, die durch die Leerstelle(n) ihrer biologischen Abstammung ausgelöst wird, treibt sie zur Suche. Diese Suche ist bisweilen sehr schwierig.
“Menschen haben ein tief verwurzeltes Bedürfnis nach Wurzeln, Stabilität und Kontinuität. Spenderkinder verspüren dieses Bedürfnis oft sehr stark und wollen ihre gesamte Zugehörigkeit verstehen. Bei ihrer Abstammungssuche geht es nicht nur um das Sammeln von Informationen, sondern um die Konstruktion einer sinnstiftenden Erzählung, die ihre Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft vereint.”
Wendy Kramer - Donor-Conceived People: The Search for Ancestry and Identity (2024)
Herausforderungen bei der Suche
Wer wird gesucht?
Je nach dem, wie das Kind gezeugt wurde, müssen die genetische Mutter (Eizellenspende) oder der genetische Vater (Samenspende) gesucht werden. Theoretisch möglich, aber sehr unwahrscheinlich, ist die Suche nach der Spenderin einer entkernten Eizelle (Kerntransfer). Bezieht man Leihmutterschaft in die Überlegungen ein (Epigenetik), rücken zwei weitere biologische Mütter in den Fokus. Diese lassen sich derzeitig jedoch nicht über DTC-DNA-Tests ausfindig machen. Privatermittlungen sind hier die einzige Möglichkeit der Familiensuche.
"Gnade der späten Geburt"
Erschwert wird die Suche dadurch, dass erst seit kurzer Zeit die anonyme Ei- und Samenspende bzw. deren anonymer Verkauf an Reproduktionseinrichtungen durch gesetzlich verpflichtende Offenlegung der Spenderidentitäten in zahlreichen Ländern abgelöst wurde (z. B. in Deutschland seit 2018, in Großbritannien seit 2005).
Das Vergessen der Reproduktionsmedizin
Spenderkinder, die vor den entsprechenden Gesetzesänderungen geboren wurden, haben oftmals nur sehr eingeschränkte Möglichkeiten, die Namen ihres biologischen Elternteils (bzw. ihrer biologischen Elternteile) zu erfahren. Reproduktionskliniken wurden aufgelöst, damals behandelnde Reproduktionsmediziner sind verstorben, Akten wurden vernichtet, gespeicherte Daten sind unzureichend, Rechtsstreitigkeiten mit den Befruchtungsfirmen laufen ins Leere: damit werden Spenderkinder bei ihrer Suche immer wieder konfrontiert.
Nichtregulierte Inseminationen
Manche Kinderwunsch-Mütter besuchen Fertilitätskliniken im Ausland. Andere bestellen unbekannte Spender samt Samen zur Selbstbefruchtung über Online-Foren. Inoffizielle Inseminationen im Ausland, die dann im Inland durch die (illegale) Vaterschaftsanerkennung eines anderen Mannes legalisiert werden, sind ebenso Realität. All dies sind Szenarien, die eine einfache Beantwortung der Frage nach der eigenen Herkunft für die betroffenen Spenderkinder nicht zulassen.

Nichtsdestotrotz wollen auch diese Kinder ihr Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung umsetzen. Hierfür werden DNA-Analysen zusammen mit genealogischen Recherchen benötigt, um diesem Recht Ausdruck zu verleihen.
Auch wenn sich durch das Auffinden der Spenderin oder des Spenders keine familiäre oder freundschaftliche Beziehung mit diesen ergeben muss, so ermöglicht oft allein die Kenntnis der Identität der Person sowie deren Biographie und evtl. Krankheitshistorie einen Heilungsprozess beim betroffenen Spenderkind.
Da Samenzellen durchaus mehrmals gespendet, verkauft oder verwendet werden, gibt es für Spenderkinder eine erhöhte Wahrscheinlichkeit durch DNA-Analysen biologische Halbgeschwister zu finden, die nicht nur körperliche und charakterliche Ähnlichkeiten aufweisen können, sondern auch Ähnliches wie sie selbst durchgemacht haben. Der Austausch mit diesen Halbgeschwistern wird von Betroffenen oftmals als Bereicherung wahrgenommen.